Der Bürgerfrühschoppen

Ende der 60er und zu Beginn der 70er Jahre besuchten Cartellbrüder des dienstäglichen Stammtisches mit einiger Regelmäßigkeit die jährlichen akademischen Marktfrühschoppen in Marburg und Alsfeld, was immer wegen der anheimelnden Atmosphäre und wegen des farbenfrohen Bildes vor den malerischen historischen Kulissen der beiden Städte zu einem nachhaltigen Erlebnis wurde. Durch diese Eindrücke angeregt, keimte die Idee auf, doch eine solche Veranstaltung auch einmal in Fulda durchzuführen.

Vor allem Cbr. Dr. Herr verfolgte die Idee hartnäckig und brachte die Vertreter der anderen in Fulda ansässigen studentischen Altherrenverbände auch an einen Tisch. Es waren dies für den CV Bgm. Dr. Pünder, den UV Stud.-Dir. Frei, den KV Dr. Bohne den Waffenring RA Glawe: den Wingolf Herr Weihe, den TCV Herr Weißmüller und für den ND Steuerberater Reichel. Nachdem Cbr. Dr. Rehberg die nicht einfache Aufgabe übernahm, die Bewirtschaftung durchzuführen und obendrein sich als "Sponsor" äußerst großzügig bereit erklärte, das finanzielle Risiko der Veranstaltung zu übernehmen, war das Haupthindernis aus dem Weg geräumt.

Immerhin wußte damals keiner der Beteiligten, was hätte auf sie zukommen können. Zum Glück mußte die Ausfallbürgschaft nie in Anspruch genommen werden, weil schon der erste Bürgerfrühschoppen ein durchschlagender Erfolg wurde. Von vornherein hatten die Initiatoren die Absicht, sich nicht nur im Kreis der "Akademiker" zu bewegen, sondern die interessierte Bürgerschaft Fuldas anzusprechen. Trotzdem kennzeichnet den Ablaut und den Charakter des Frühschoppens bewußt farbstudäntisches Brauchtum.

So fand erstmals am 5 Juni 1977 unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Hamberger der Bürgerfrühschoppen vor der Orangerie in Fulda statt und wurde in souveräner Weise von Cbr. Oberstudienrat Dr. Norbert Herr geleitet. Nahezu 1000 Besucher hatten sich eingefunden, darunter auch der damalige CDU-Landesvorsitzende und spätere Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag Dr. Alfred Dregger. Die Lokalpresse schrieb von einem "kaum erwarteten Erfolg" und daß "diese Verbindungen ein wichtiger Bestandteil des urbanen Klimas der Stadt Fulda" seien, "in der die Universitätstradition noch auf vielfältige Weise fortlebe.".

Diese einzigartige Öffentlichkeitsveranstaltung der studentischen Altherrenverbände in der Stadt Fulda ist seitdem in jedem Jahr durchgeführt worden und erfreut sich mit Besucherzahlen zwischen 400 und über 1000 ungebrochen allgemeiner Beliebtheit bei den Veranstaltern und der Fuldaer Bevölkerung. Dadurch, daß die Fuldaer Altherrenverbände die aktiven Verbindungen der Nachbaruniversitäten informieren, finden regelmäßig Aktive - manchmal in Kneipjacken, manchmal als geschlossene Aktivitas sogar aus Bonn und Göttingen - den Weg nach hier so daß echtes studentisches Flair entsteht. In der Regel findet der Frühschoppen auch einen geziemenden Ausklang.

Die "Reste" - häufig durchaus noch 30 Cartellbrüder gemischt mit anderen Besuchern - suchten in den ersten Jahren die sehr beliebte Gaststätte in Wittges/Rhön auf, heute ist es der Gasthof "Flügel" in Allmus oder der weitläufige Garten des Cbr. Dr. Herr, der rechtzeitig die nötigen Vorkehrungen getroffen hat. Dann wird bis in die Abendstunden gefeiert, bis ob so viel der "Burschenherrlichkeit" die "dionysische Erschlaffung" eintritt, wie Cbr Dr Winter zu sagen pflegt.

Ähnlich geht es am Himmelfahrtstag zu, wenn der Weg nach Alsfeld und anschließend zur Amöneburg führt. Ebenfalls eine "tagesfüllende Veranstaltung". Morgens wird der interkorporative Marktfrühschoppen am historischen Marktplatz in Alsfeld besucht, der durch den dortigen Altherrenbund des Waffenrings organisiert wird und viele Verbindungen aus Gießen und Marburg zu seinen Gästen zählt. Danach brechen die teilnehmenden Buchonen zur traditionellen "Amöneburgkneipe" der Marburger Palaten auf, bei der es auf dem gepflasterten Platz vor einer Gaststätte nicht zuletzt durch gelungene Beiträge der Kneipanten immer sehr zünftig zugeht.

Vor einigen Jahren trug sich dabei folgende Begebenheit zu. Da es nicht ratsam ist, sich zu solchen Anlässen an das Steuer eines Wagens zu setzen wurde ein Kleinbus angeheuert und mit dessen Fahrer der Treffpunkt für die Rückfahrt auf einem Parkplatz bei dem Corpshaus der Teutonia ausgemacht. Wegen schlechten Wetters fand damals die Veranstaltung auf dem Palatenhaus in Marburg statt. Als die Buchonen sich auf den Heimweg machten, war der Bus nicht zu finden. Kurzerhand bestieg man ein Taxi. Trotz einer etwas turbulenten Taxifahrt mit einem türkischen Chauffeur erreichte man wohlbehalten Fulda. Als die wackere Buchonenschar schon friedlich schlummerte, kam gegen Mitternacht der besorgte Anruf des Busfahrers aus Marburg bei der Ehefrau eines Teilnehmers an, wo denn "die Herren abgeblieben seien" Man hatte sich verfehlt. Außer dem Busfahrer haben alle im nachhinein herzlich gelacht Die dies miterlebt haben, sind die Cartellbrüder: Dr. Winter, Dr. Rehberg, Schubert, Güntzel und Dr. Herr.

Dr. Norbert Herr (Gf! Ad!)