Die Kirche muß geistlicher werden
Fulda (FZ)
Die Kirche muss geistlicher werden und auf die Fragenden und Suchenden der heutigen Gesellschaft zugehen. Dies machte Bischof Heinz Josef Algermissen vor Akademikerverbänden in Fulda deutlich. Eine Kirche, die überwiegend mit sich selbst beschäftigt sei und nur noch Debatten über Strukturen und andere innerkirchliche Probleme wie Frauenordination, Zölibat oder römischen Zentralismus führe, verkenne ihren wahren Auftrag.Der Altherrenzirkel Buchonia Fulda im CV hatte die Mitglieder aller katholischen Akademikerverbände in Fulda (CV, UV, KV) und die Öffentlichkeit zu einer Vortragsveranstaltung mit dem Diözesanbischof eingeladen. Im vollbesetzten Saal des Kolpinghauses diskutierte Bischof Algermissen, selbst Mitglied des Cartellverbandes, mit den zirka 200 Zuhörern über die Veränderungen in der Kirche unter dem Aspekt der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation. Dr. Norbert Herr (MdL), der Vorsitzende des Altherrenzirkels, hatte den Bischof willkommen geheißen.
In seinem Referat analysierte Bischof Algermissen die gesellschaftlichen Veränderungen. Für den heutigen Menschen sei die Vorstellung von einem persönlichen Gott, der in Jesus Christus auch noch Mensch wurde, schwer vorstellbar, auch wenn heute Religion durchaus als Thema in der Gesellschaft existiere.
Glaube und Religion sei aber zu einer privaten, subjektiven Angelegenheit geworden. Auch der Zuzug von Menschen anderer Religionen und die Vereinigung mit der durch Glaubensverlust geprägten Gesellschaft in Ostdeutschland habe zusätzlich unser Land verändert. Auch in der alten Bundesrepublik werde der Glaube nicht mehr weitergegeben. In der Hansestadt Hamburg etwa würden bereits 70 Prozent der Neugeborenen nicht mehr getauft.
Die Folgen seien gravierend für die Kirchen. Weniger die Wahrnehmung kirchlicher Positionen in der Öffentlichkeit sei das Problem, als vielmehr der Verlust des den Einzelnen tragenden kirchlichen Milieus. Die Mehrheit nehme nur noch sporadisch am gemeindlichen Leben teil. Mit zunehmenden Seelsorgeaufgaben belastete Pfarrer und der kleine Kreis der aktiven Gemeindemitglieder versuchten noch, die zu groß gewordenen Strukturen mit Leben zu erfüllen. Das werde aber auf die Dauer nicht zu halten sein und sich wandeln. Wir befinden uns in einer Zeit des Übergangs. Noch wissen wir nicht, was mit dem Überkommenen passiert, während das Neue noch nicht sichtbar ist, so Algermissen.Dass die Kirche diesen Übergang bestehen werde, darin ist sich der Diözesanbischof sicher. Daher widersprach er entschieden der Forderung, die Kirche solle sich auf die wenigen überzeugten Gläubigen beschränken. Die Kirche müsse geistlicher werden, sie müsse bei allem die Beziehung zu Jesus Christus in den Mittelpunkt stellen. Des Weiteren dürften die Anklopfenden, die keine Bindung an Glaube und Kirche mehr hätten oder nie gehabt hätten, nicht außen vor bleiben.
Gerade die programmatischen Aussagen des Bischofs waren Inhalt einer regen Diskussion.
Ein Beitrag aus der Fuldaer Zeitung